„Ich kann von Beethoven bis Rachmaninov alles spielen und habe das auch mein halbes Leben lang gemacht, doch auf der anderen Seite verspüre ich mit meiner eigenen Musik den Wunsch, aus der Klassik auszubrechen und in den Bereich des Mainstream zu gehen, also mit meiner Musik die breite Masse anzusprechen. Von daher war es auch eine ungewöhnliche Entscheidung, ein klassisch komponiertes Klavierstück wie ‚Train of Dreams‘ als Single herauszubringen. Ich sehe meine Musik auch nicht als Crossover, denn das ist meistens eine Vermischung aus Pop/Rock und Klassik, wobei dort auch viele Coverversionen gespielt werden. Ich kreiere eher, um es mal mutig auszudrücken, mein eigenes Genre.“
„Songs of Love“ hat David Ianni einen Zyklus mit Kompositionen benannt, der aus zwei Bänden à 24 Stücken besteht, wobei der zweite Band noch nicht vollendet ist. Aus den letztendlich 48 Stücken generieren sich auch alle Beiträge für sein Projekt „My Urban Piano“. Den Anfang macht „Train of Dreams“, zu dem in Luxemburg ein traumwandlerisch wirkendes Video entstanden ist, in dem sich David Ianni quasi selbst in einem Zug begegnet. In dieses minimalistische und zugleich melodisch komplexe Stück hat Ianni auch einen musikalischen Verweis auf die Nationalhymne Luxemburgs eingebaut.
Die musikalischen Einflüsse und Inspirationsquellen in den Stücken zu „My Urban Piano“ sind denkbar vielfältig. David Ianni hat zwar romantische Klassiker wie Chopin und Schumann verinnerlicht, doch er hat auch ein offenes Herz für das Jazzpiano eines Keith Jarrett und kann sich für Musik von Filmkomponisten ebenso begeistern wie für die Schönheit von Populärmusik, sei es Queen oder Coldplay. Der Zugang zu seiner Musik soll jedem Menschen so leicht wie möglich fallen. Vielleicht liegt darin auch seine Abgrenzung zur klassischen Musik, die sich eher an die Bildungselite wendet. Wenn er seine Stücke „Butterflies“, „Timelessness“, „Snowflakes“ oder „Water Dance“ nennt, dann schwingen in den Titeln schon die Leichtigkeit und ein spielerisches Element mit. David Ianni möchte seine Musik mit positiven Emotionen aufladen. Es ist Musik, deren Harmonien Menschen Mut und Hoffnung machen soll.
Die Idee des „Street Pianos“, des im öffentlichen Raum platzierten Pianos, ist nicht neu und hat durch „My Urban Piano Luxembourg“ schließlich auch David Ianni im letzten Jahr auf die Idee gebracht, nicht nur ein eigenes Stück („Mama“, das zu einem viralen Hit in Luxemburg avancierte) beizusteuern, sondern nun sein eigenes Projekt zu starten. David Ianni verfolgt mit seinem Projekt „My Urban Piano“ allerdings andere Ziele, als lediglich ein Klavier an einen öffentlichen Platz zu stellen, damit es jeder nach Lust und Laune spielen kann.
„My Urban Piano“ ist ein multikulturelles Musikprojekt, bei dem unterschiedliche kulturelle und soziale Aspekte schlüssig gebündelt werden. Die Einbindung diverser europäischer Kulturhauptstädte fördert den Gedanken einer gemeinsamen europäischen Kultur und Identität. Neben der musikalischen Komposition und deren Interpretation, die von David Ianni federführend verantwortet werden, ist die Visualisierung in einem Video, das durch virales Marketing in den sozialen Medien verbreitet werden soll, ein weiterer Grundpfeiler von „My Urban Piano“. Indem ein Künstler aus der jeweiligen Kulturhauptstadt das im öffentlichen Raum präsentierte Klavier individuell gestaltet, wird „My Urban Piano“ auch zum Vehikel der Bildenden Kunst – und dadurch, dass das Klavier nach dem Ende der jeweiligen Aktion in der Kulturhauptstadt an eine kulturelle oder soziale Einrichtung in der jeweiligen Stadt verschenkt wird, bekommt das Projekt auch eine gesellschaftspolitische Note. Last but not least soll in jeder Stadt, die an dem Projekt „My Urban Piano“ teilnimmt, zusätzlich noch ein reguläres Konzert von David Ianni stattfinden.
Zweifellos schlägt David Ianni mit „My Urban Piano“ nicht nur ein neues Kapitel in seiner künstlerischen Vita als Pianist und Komponist auf, der Musiker erweist sich auch als kluger Aktionskünstler, der die europäische Idee auf eine kulturell facettenreiche Ebene hebt. Darüber hinaus nutzt er geschickt die sozialen Medienkanäle, um sein musikalisches Unterfangen visuell auszugestalten (neben dem Video gibt es auch auf Facebook und Instagram zahlreiche Snapshots) und auf dem Blog seiner Homepage anekdotisch zu begleiten. Dass der „musikalische Botschafter Luxemburgs“ am Ende des Projekts „My Urban Piano“ seine zwölf Kompositionen auch auf einem Album veröffentlichen wird, ist nahezu selbstverständlich. Ebenso die Tatsache, dass Europa mehr Künstler vom Schlage eines David Ianni gut gebrauchen könnte.
Thomas Gilbert